Die Stadt muss sich endlich entscheiden!

Seit zwei Jahren beherrscht im WILIH-Land ein Thema immer wieder die Schlagzeilen: das LKW-Durchfahrtsverbot für Hedelfingen und die Filderauffahrt. Ausgelöst durch einen Diskussionsbeitrag auf einer Podiumsdiskussion zum Hafen. Paul Wurm, der Vorsitzende des Hedelfinger Waldheimvereins, der Anlieger an der von LKW-Containertransporten betroffenen Durchfahrtsstrecke ist, nahm sich des Themas an. Unermüdlich dokumentierte er LKW-Fahrten, erstattete Anzeigen und sammelte Beweise für unerlaubte Fahrten. Er korrespondierte aber auch freundlich mit zahlreichen Spediteuren, denen ein Verstoß – angeblich – gar nicht bewusst war, und konnte auf diesem Wege die Zahl der LKW-Passagen durch Hedelfingen deutlich reduzieren. Schließlich ging Wurm mit dem Waldheimverein vor Gericht und verklagte eine – wie er es nennt – besonders „verhaltensauffäliige” Spedition auf Unterlassung. Vor dem Amtsgericht und auch vor dem Landgericht Stuttgart scheiterte sein Vorhaben an formalrechtlichen Problemen. Für das Anliegen von Wurm, Waldheimverein und Hedelfingen zeigten die Richterinnen in beiden Instanzen durchaus Sympathie. Jedoch: Sie konnten oder mochten letztlich nicht anders entscheiden. Jetzt liegt der Fall sogar beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe, wo allerdings nur über Rechtsfragen zu entscheiden ist. Gut möglich, dass der Hedelfinger Fall zur Fortbildung des Rechts beitragen und dem Waldheimverein zu ungewollter Prominenz verhelfen wird. Die Chancen sind vielleicht gar nicht so schlecht. Zumindest deutet das plötzliche Einlenken des verklagten und zuvor renitenten Spediteurs, der Hedelfingen nach dem Beschluss der zweiten Gerichtsinstanz zu meiden scheint, darauf hin, dass er fürchten könnte, irgendwann doch noch zur Rechenschaft gezogen zu werden, falls der BGH dafür den Weg ebnet. Möglicherweise hat ihm sein Anwalt in dieser Richtung ins Gewissen geredet. Nach dem Motto: Selbst wenn der Waldheimverein aus Karlsruhe mit einer – bislang negierten – Klagebefugnis heimkehrt, dann waschen wir unsere Hände in Unschuld, weil wir ja gar nicht (mehr) durch Hedelfingen fahren. Um die Ecke gedacht – aber letztendlich für den geplagten Ort auch ein Problemlösungsbeitrag. Jetzt kommt aber noch eine andere Dimension hinzu: Erstmals seit Beginn der ganzen Debatte kommt das Thema „LKW-Durchfahrtsverbot” mit bezirksübergreifendem Nachdruck in der Stuttgarter Kommunalpolitik an. Spät, aber immerhin. Die Grünen aus Hedelfingen und Sillenbuch haben nämlich einen gemeinsamen Antrag formuliert, der auf eine wirksame Verhinderung von Schwerlastdurchfahrten von Hedelfingen über die Filderauffahrt nach Heumaden abzielt. Am heutigen 23. Juni wird dieser Antrag zunächst in Sillenbuch eingebracht. Die betroffenen Bürger in den beiden Nachbarbezirken können nur hoffen, dass sich die übrigen Fraktionen dieser Initiative anschließen und damit ein deutliches Signal ans Stuttgarter Rathaus senden werden: Wir wollen keinen Schwerlastverkehr, der hier nicht fahren darf! Bislang hat sich die Stadt – wie auch die Polizei – in der Sache nicht mit Ruhm bekleckert. Paul Wurm kam sich deshalb regelmäßig vor wie ein einsamer Kämpfer gegen Windmühlen. An lobenden Lippenbekenntnissen fehlte es nie, wirksame Unterstützung bekam der Vereinsvorsitzende aber nicht. Weder juristisch noch finanziell. Dabei kämpfte und kämpft er für „seinen” Stadtbezirk und alle dort wohnenden Bürger. Nicht zuletzt für hunderte von kleinen Kindern, die in den verschiedenen Betreuungseinrichtungen im Hedelfinger Waldheim nicht ständig die Luft anhalten sollten, wenn ein Brummi vorbeifährt. Das kann sich nun ändern. Und spätetstens mit zunehmendem politischen Druck wird sich die Stadtspitze endlich und ernsthaft der Frage stellen müssen, was sie für Hedelfingen, die Filderauffahrt und Heumaden will: Luftreinhaltung, dann muss sie das LKW-Durchfahrtsverbot ein-eindeutig beschildern und auch kontrollieren und sanktionieren (lassen), oder freie Fahrt für alle Containertransporte zwischen Hafen (einer Beteiligungsgesellschaft der Stadt – ein Schelm, wer Böses dabei denkt!) – und Autobahn. Sollte sich Stuttgart für Letzteres entscheiden, dann kann die Landeshauptstadt aber auch gleich den ganzen Luftreinhalteplan in die Tonne treten und den Anwohnern der Hafen-Transitstrecke sagen: Ihr seid uns egal! Die in homöopathischen Dosen übers Stadtgebiet zu verteilenden Ladesäulen für Elektroautos oder Zuschüsse für den Kauf von E-Lastenfahrrädern wären dann allerdings zu Symbolen degradiert und künftig kaum noch eine Randnotiz wert.

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