Heumaden Süd – Bezirksbeirat bezieht Position

Stuttgart-Heumaden ... Im Februar stellte die Stadtverwaltung ihre Ideen für eine Weiterentwicklung von Heumaden Süd dem Sillenbucher Bezirksbeirat vor. Das unter dem Titel „Lebendige Gartenstadt” präsentierte Planwerk hat vor allem eine massive Nachverdichtung zwischen Heumaden „Über der Straße” und Riedenberg zum Ziel. Der Bezirksbeirat Sillenbuch kritisierte die Pläne scharf und verhinderte dadurch einen voreiligen Beschluss im Stuttgarter Gemeinderat. Nun hat das Stadtbezirksparlament mit einem Positionspapier seinen Blick auf die betroffenen Bereiche und Interessen dargelegt. Was bedeutet das?

Eine vollumfassende Zustimmung zu den städtischen Plänen sei nicht möglich, erklären die Bezirksbeiräte. Grund: Einzelne Aspekte seien vertiefend zu betrachten und würden politisch unterschiedlich bewertet. Der Sillenbucher Bezirksbeirat nimmt das von der Stadtverwaltung vorgelegte Konzept (Gemeinderatsdrucksache 14/2024) somit zwar zur Kenntnis, aber eben nicht zustimmend. Dies ist keineswegs nur eine formale Petitesse, sondern ein klarer Fingerzeig an Stadt und Gemeinderat: so bitte nicht!

Zu den einzelnen Punkten der städtischen Ausarbeitung hat sich der Bezirksbeirat Sillenbuch in seiner öffentlichen Sitzung am 15. Mai 2024 teils einstimmig, teils mit knapper Zweidrittelmehrheit (CDU, SPD, FDP, Freie Wähler) festgelegt. Die Positionen und was sie bedeuten:

Zuerst das Miteinander-Quartier!

  • Erster Umsetzungsbaustein soll das geplante „Miteinander-Quartier” sein. Begleitet durch eine „gut strukturierte Bürgerbeteiligung”, so die einmütige Forderung. Zwischen den Zeilen scheint da Kritik am bisherigen Beteiligungsprozess durch.
  • Eine Nachverdichtung der vorhandenen Bebauung wird prinzipiell begrüßt.
  • Grundsätzlich begrüßt werden auch die Pläne für die betroffenen Schul- und Sportgelände. Insbesondere auf Bedarfe und Auswirkungen sei aber noch vertiefend einzugehen. Und dies bitte unter Beteiligung des Bezirksbeirats.
  • Einem Abriss der Heinz-Glauner-Halle (TSV Heumaden) stellt sich der Bezirksbeirat mehrheitlich nicht entgegen. Obwohl die Halle erst zwölf Jahre alt ist. Aber die Stadt verspricht einen Neubau mit Geschäftsstelle, Sport-Kita, Gastronomie und Freilufthalle.
  • Die Baulücke zwischen Klara-Neuburger-Straße (Riedenberg) und Heumaden „Über der Straße” sei zu schließen. Die landwirtschaftlichen Flächen im Bereich Schwellenäcker müssten dafür geopfert werden. Allerdings seien dafür Ausweichflächen auszuweisen. Und zwar „in annehmbarer räumlicher Distanz” zum betreibenden Bauernhof Wais (Riedenberg).
  • Die Existenzsicherung der örtlichen Handwerker solle ebenfalls ein „zentraler Baustein” sein. Das bedeutet: Bebauung der jetzigen Gewerbeflächen nur einvernehmlich und ohne Betriebsunterbrechung. Nach Möglichkeit sollten die Betriebe im Stadtbezirk bleiben. Und zwar bevorzugt im geplanten „Miteinander-Quartier”.
  • Eine alternative Fläche für den Hundesportplatz wäre ebenfalls begrüßenswert.

Umgestaltung nördlich der Kirchheimer Straße

  • Grundsätzlich wird eine Umgestaltung des Bereichs jenseits von Kirchheimer Straße und Stadtbahntrasse begrüßt. Die Umsetzung wirft aber noch Fragen auf.
  • Zwar wird eine Verlängerung der Hedelfinger Filderauffahrt nicht abgelehnt. Trotz hoher Kosten und Versiegelung bislang grüner Flächen. Die Interessen „der örtlich Betroffenen” seien aber zu berücksichtigen. Ebenso die oben beschriebenen Positionen zu Landwirtschaft, Gewerbe und Hundesport.
  • Ein „Mobilitätsknoten” wird vom Bezirksbeirat konkret für den „Bereich der Haltestelle Bockelstraße” gewünscht. Und nicht – wie von der Stadt – für einen stadtplanerisch weiter gefassten Bereich „rund um die Bockelstraße”.

Pflegeeinrichtungen, Freie Aktive Schule, Kindergarten und Bernsteinwiese

  • Zusätzliche Pflegewohnungen und betreutes Wohnen für Behinderte werden begrüßt.
  • Einer Ansiedlung der Freien Aktiven Schule steht der Bezirksbeirat nach wie vor kritisch gegenüber. Zudem wolle die Schule sowieso lieber an der Hohen Eiche (Hoffeld) bleiben. Eine Verlegung nach Heumaden könne daher nur als Notlösung in Betracht gezogen werden. Zudem sollten die o.g. Standortinteressen von Landwirtschaft, Gewerbe und Hundesportlern Vorrang haben.
  • Der Bezirksbeirat bleibt bei seiner Skepsis gegenüber einer Bebauung der Bernsteinwiese. Die Stadt habe noch immer „nicht ausreichend dargelegt”, warum unbedingt dort eine Kita gebaut werden müsse. Und nicht zum Beispiel „im Bereich Einmündung der Bernsteinstraße in die Kemnater Straße”.
  • Sollte aber doch auf der Nordseite der Bernsteinwiese eine Kita entstehen müssen, dann nicht ohne Konsequenzen. Und zwar „gleichzeitig” eine Aufwertung der restlichen Bernsteinweise. Sowie die Festschreibung ihres Bestands im Bebauungsplan.
  • Keine Ausführungen machte der Bezirksbeirat zum geplanten Aus- und Neubau des Asyldorfs.

Wer trifft die Entscheidung?

Eigentlich sollte die städtische Planung am 27. Februar im zuständigen Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) verabschiedet werden. Das wurde nach der massiven Kritik aus dem Sillenbucher Bezirksbeirat vertagt. Jetzt liegt ein Votum des Bezirksbeirats Sillenbuch vor. Bei inhaltlich, zeitlich und finanziell weitreichenden Entscheidungen wie dieser setzt sich der Stuttgarter Gemeinderat – in diesem Fall sein beschließender Ausschuss STA – üblicherweise intensiv mit Beratungsergebnissen des Bezirksbeirats auseinander. Daran gebunden ist der Gemeinderat aber nicht. Er könnte also auch in Teilen oder zur Gänze anders entscheiden.

Der STA tagt immer am Dienstagvormittag – außer in den Ferien. Zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung war noch keine weitere Tagesordnung bekannt. Vorsitzender des STA ist Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU). Seine Stellvertreter sind Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) – aus dessen Referat das städtische Papier stammt, über das der STA letztlich zu beschließen hat – sowie Technikbürgermeister Dirk Thürnau (SPD) und Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler).

Die Sillenbucher Bestreuungsstadträte Beate Schiener (Grüne) und Carl-Christian Vetter (CDU) gehören dem STA an, beide haben an der Bezirksbeiratssitzung am 15. Mai teilgenommen. Wie auch Maria Hackl (SPD), die aber nicht im STA sitzt. Betreuungsstadträte bringen Beratungsergebnisse aus Bezirksbeiräten in der Regel zeitnah in ihre Gemeinderatsfraktion ein – erst recht, wenn sie wie in diesen drei Fällen treue Gäste der Bezirksbeiratssitzungen und mit der Thematik bestens vertraut sind. Pro und Contra aus dem Sillenbucher Bezirksbeirat haben in diesem Fall also einen kurzen Weg zum Entscheidungsgremium.

Das Foto oben bietet eine Perspektive für Gedanken über die Zukunft. Über die zur Zeit landwirtschaftlich genutzte Fläche an den Schwellenäckern – hier aufgenommen vor dem Haupteingang der Waldorfschule Silberwald am Paul-Grüninger-Weg (der verbindet als Fuß- und Radweg die Klara-Nneuburger-Straße in Riedenberg mit der Bernsteinstraße im Wohngebiet „Über der Straße” in Heumaden) – blickt man in Richtung Bockelstraße nach Heumaden. Zwischen den Baumkronen oben rechts ist der „Turm” des Praxis- und Bürogebäudes Bockelstraße 146 erkennbar. Aus diesem Blickwinkel links des Gebäudes soll nach dem städtischen Entwicklungskonzept später einmal die Hedelfinger Filderauffahrt zur Kirchheimer Straße hinauf geführt werden; derzeit trifft sie unterhalb Buswendeschleife auf die aus Alt-Heumaden beziehungsweise „Heumaden Mitte” kommende Bockelstraße. Sie mündet heute oberhalb der ehemaligen Avia-Tankstelle sowie der benachbarten Wohnhäuser beim Punktgebäude Bockelstraße 146 beziehungsweise bei der Bus- und Stadtbahnhaltestelle Bockelstraße – an der Ampelkreuzung – auf die Kirchheimer Straße. Diesen Anschluss möchte die Stadt gerne stilllegen, um einen „neuen Stadtbaustein” mit  „Mobilitätsknoten” zu schaffen. Busse und Autos sollen nach dem Plan der Stadt irgendwann über einen neuen Anschluss hinter der Bockelstraße 146 vorbei auf die Kirchheimer Straße fahren. Der im Vordergrund unseres Fotos zu sehende Acker könnte nach den Vorstellungen der Stadt bebaut werden. Beschlossen ist das alles aber noch nicht. Finanziert daher erst recht nicht.


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