Hängepartie am Steinenberg

Stuttgart-Hedelfingen … Der Schulentwicklungsprozess für den Steinenberg geht bald ins zweite Jahrzehnt. Doch eine Perspektive ist weniger denn je erkennbar. Nicht vor 2024 hält die Stadt eine „Aufnahme von konkreten baulichen Planungen“ für möglich. Den Hedelfinger Bezirksbeiräten platzte deshalb der Kragen. Sie fassten jetzt gemeinsam einen Grundsatzbeschluss.

Vier Tage vor der Februar-Sitzung des Bezirksbeirates hat Philipp Forstner einen zweiseitigen Brief an den Hedelfinger Bezirksvorsteher Kai Freier geschrieben. Dessen Zweck sieht der stellvertretende Leiter des Schulverwaltungsamtes darin, „einen kurzen Zwischenbericht zum Sachstand Steinenbergschule und den Planungen des Schulverwaltungsamtes für den Schulstandort“ mitzuteilen. Die Bezirksbeiräte reagierten enttäuscht und verärgert. In der Sitzung am 18. Februar verabschiedeten sie einen interfraktionellen Antrag, mit dem sie Druck machen, den Schulstandort Hedelfingen endlich bedarfsgerecht zu entwickeln. Aber will die Stadt das?

Bezirksbeirat macht Druck

Klare Äußerungen sucht man in Forstners Schreiben vergeblich. Die Schulverwaltung verfolge „grundsätzlich“ das Ziel, „eine gymnasiale Präsenz zu etablieren“, heißt es – nicht: „ein Gymnasium“. Der (sic!) als Superlativ formulierte „zielführendste Weg“ sei die „mittelfristige Errichtung einer Außenstelle des Wirtemberg-Gymnasiums“. Das soll wohl heißen: kein eigenständiges Gymnasium und schon gar nicht in Bälde. Und wozu? „Als Grundlage für ein entwicklungsfähiges und langfristig stabiles gymnasiales Angebot am Schulcampus Steinenberg“. Man könnte zusammenfassen: Am Steinenberg befindet sich ein Grundstück, auf dem sich vielleicht irgendwann ein Gymnasium errichten ließe.

Aber will die Stadt das? Der Hedelfinger Bezirksbeirat hat Zweifel. In seinem jetzigen Antrag erinnert er an seine „in den letzten Jahren wiederholt gefassten Beschlüsse zur schnellen Einrichtung einer weiterführenden Schule mit Sekundarstufe I und II“ und weist auf jetzt schon 70 fehlende Gymnasialplätze am oberen Neckar hin. Er fordert „nachdrücklich“ eine Überabeitung der städtischen Prioritätenliste und „schnell“ eine Machbarkeitsstudie. Und lässt kein Schlupfloch, indem er dazu auffordert, „auch andere alternative Standorte im Stadtbezirk für eine weiterführende Schule“ einzubeziehen. Vorplanungen könnten auch „externe Konzeptentwickler“ übernehmen, winken die Bezirksbeiräte mit dem Zaunpfahl für den Fall, dass die Stadt „dazu nicht willens oder zeitnah in der Lage“ sei. Auch bequemen Interimslösungen schieben die Beiräte einen Riegel vor: Die Steinenbergschule dürfe nicht zum Dauerprovisorium für auszulagernde Schüler werden, deren Schulen umgebaut werden, heißt es. Ausdrücklich unterstützt der Bezirksbeirat „Initiativen von engagierten Bürgern aus der Mitte der Hedelfinger Bürgergesellschaft“ für die Einrichtung einer weiterführenden Schule am Steinenberg. Neben einer städtischen erwähnt der Antrag explizit auch eine freie Schule als Möglichkeit.

Chance für einen Neustart

Vier Tage nach dem Amtsschreiben liegt der Ball also schon wieder im Spielfeld der städtischen Schulplanung – um auf eine bei solchen Gelegenheiten gern bemühte Metapher anzuspielen. Die Erwartungen aus Hedelfingen werden sich jetzt auf eine rasche Konkretisierung dessen richten, was Philipp Forstner mit „Entwicklung einer schulformspezifischen pädagogisch-räumlichen Konzeption“ sowie der „Klärung vieler organisatorisch-rechtlicher Fagen“ verklausuliert hat. Dass Steinenbergschule und Wirtemberg-Gymnasium neue Schulleiter haben, könnte einen unvoreingenommenen Neustart erleichtern. Aber will die Stadt das?

Das Schreiben des Schulverwaltungsamtes an den Hedelfinger Bezirksvorsteher sowie den Antrag aller Fraktionen des Hedelfinger Bezirksbeirates stehen hier in einem PDF zur Verfügung: Steinenbergschule im Bezirksbeirat Hedelfingen 18.2.2020. Beides wurde am 18.2.2020 in der Sitzung des Hedelfinger Bezirksbeirates öffentlich gemacht.

Foto oben: Die Nur noch-Grundschule am Steinenberg hat neue Schilder bekommen. Geht es nach der Stadt, war das eine Investition für noch viele Jahre.

Lesen Sie hierzu auch unseren Kommentar.

Zur Vorgeschichte hier Artikel aus den Vorjahren:

23.1.2019 Zukunft der Steinenbergschule: Auf die lange Bank geschoben

24.7.2018 Steinenberg: Rechnung mit vielen Unbekannten

4.7.2018 Endlich eine Perspektive: Gymnasialplätze am Steinenberg

27.4.2018 Steinenbergschule: Raum für Gedankenspiele

24.4.2018 Steinenbergschule: Schlechte Noten für die Stadt

28.2.2017 Steinenbergschule: Jetzt einen „Plan B“ entwickeln!

29.11.2015 Zukunft der Steinenbergschule: Wird sie Gemeinschaftsschule?

21.11.2015 Steinenberg: Was passiert mit leerer Schule?

20.11.2015 Mehrheit gegen Gymnasium: Wie geht es weiter am Steinenberg?

18.11.2015 Steinenbergschule: Verwaltungsausschuss lehnt Gymnasium ab

28.10.2015 Steinenbergschule: Entscheidung vertagt!

26.10.2015 Gymnasium oder Gemeinschaftsschule am Steinenberg?

27.2.2015 Zukunft der Steinenbergschule bleibt ungewiss

22.2.2015 Zukunft der Steinenbergschule